Die Gastgeberin im BelArosa Chalet. Das Interview mit Meike-Cathérine Bambach.

Jessica Heller
19. Juni 2024

Meike-Cathérine Bambach, so heisst die Direktorin des BelArosa Chalet. Was bedeutet diese Aufgabe für die erfahrene Hotelière? Wohin wird sie ihren Fokus lenken und worauf dürfen sich die Gäste freuen? Auf Individualität, Momente des Glücks und Wohlbefinden, so viel sei bereits verraten…

Meike, was bedeutet Luxus für dich?

Luxus bedeutet für mich «Wohlbefinden». Im Engadin gab es diese Alp mit hausgemachtem Ziegenkäse, einem Tisch, zwei Stühlen und einem Brunnen, wo Rivella- und Weinflaschen schwammen. Wenn ich nach drei Stunden Fussmarsch endlich dort ankam, alleine, umgeben von der weiten Bergwelt – ich fühlte mich unendlich wohl. Für mich ist das Luxus.

Nun wirst du im BelArosa Chalet den Luxus neu denken, Wohlbefinden schaffen. Wie hast du vom Chalet erfahren?

Ich bin auf «LinkedIn» darauf gestossen: Ein anderes touristisches Konzept, dieses Herzensprojekt, das hat mich sehr angesprochen und ich dachte mir: Ich schau mal, wer das macht, vielleicht kenne ich den sogar. Dann sah ich, dass sie eine Direktorin suchen.

Jetzt haben Urs Kasper und die BelArosa-Gruppe eine Direktorin gefunden. Was bedeutet diese Aufgabe für dich?

Eine Neueröffnung ist immer eine ganz besondere Herausforderung mit viel Dynamik, Aufbruchstimmung, Spannung und grossem Arbeitseinsatz. Alle ziehen an einem Strang. Es gibt noch keine eingefahrenen Wege, keine Routinen, die aufgebrochen werden müssen. Das liebe ich und den grossen Raum für viel Kreativität.
Die Position der Direktorin ist auch eine Ehre für mich. Das BelArosa Chalet ist kein normales Hotel, es ist ein Herzensprojekt. Ich schätze dieses Vertrauen sehr.

Damit du das Vertrauen erfüllen kannst, braucht es Erfahrung. Wo hast du jene gesammelt?

Ich begann im «Brenners Park-Hotel» in Baden-Baden, wo wir uns als Gastgebende sehr zurücknehmen mussten. Danach zog ich in die USA, wo der Profit im Vordergrund stand. Ich lernte, den Luxus mit Gewinn zu verbinden, eine harte Schule. In Hongkong waren die 400 Betten des Hotels, wo ich danach war, ständig belegt. Es gab keinen finanziellen Druck, ich arbeitete jedoch unheimlich viel. Anschliessend verbrachte ich zwei Jahre auf Hayman-Island in Australien mit 180 Zimmern und fast 500 Mitarbeitenden. Auch da gab es Sechs-Tage Wochen und sehr lange Tage aber verbunden mit dieser ansteckenden australischen Leichtigkeit. Zurück in Europa konnte ich mich im «Schloss Elmau» zum ersten Mal so richtig einbringen und mitgestalten. Zuletzt leitete ich 15 Jahre lang das «Paradies» im 500-Seelen-Dorf Ftan im Engadin, welches ich 2017 zu einem «Club Privé» umgestaltete.
Diese Balance zwischen Kreativität, der eigenen Persönlichkeit, der Gastfreundschaft, sowie dem wirtschaftlichen Erfolg ist eine grosse Herausforderung.

Glück und Wohlbefinden zu schaffen, nicht über vordergründigen materiellen Luxus, sondern über Empathie und Leidenschaft, das ist eine grosse Herausforderung, dich mich immer wieder anspornt.

Wo wird dein Fokus als Gastgeberin im BelArosa Chalet liegen?

Die Menschen glauben, dass es einfacher ist, ein kleines Haus zu führen als ein Hotel mit 400 Betten. Das stimmt so nicht unbedingt - es ist einfach anders: viel selber machen, viel prägen und mitgestalten, viel Verantwortung. Mein Fokus liegt immer auf dem Wohlbefinden der Gäste. Damit hinterfrage ich alles, was wir tun:

Was bedeutet Luxus für diesen einen Gast in diesem Moment? Keine goldenen Teller, sondern Luxus im Sinne von Wohlbefinden! Wie schaffe ich es die besonderen Vorstellungen eines Einzelnen von Glück zu erfüllen?

Ich habe viel Erfahrung in dieser individuellen Kleinheit, in einem sehr anspruchsvollen Umfeld mit einer anderen Definition von Luxus. Glück und Wohlbefinden zu schaffen, nicht über vordergründigen materiellen Luxus, sondern über Empathie und Leidenschaft, das ist eine grosse Herausforderung, dich mich immer wieder anspornt.
Ich mache das unheimlich gerne: Wohlfühlatmosphäre schaffen, Bedürfnisse spüren, Wünsche erfüllen und gleichzeitig Neugierde wecken und überraschen – einfach etwas anders arbeiten.

Könntest du mir diese «andere» Arbeit beschreiben?

Wir haben ein sehr individuelles Haus, wir gehen neue Wege:
Es gibt kein klassisches Restaurant. Es wird ganz viel Privatsphäre geben, Gastfreundschaft emotional und gleichzeitig sehr professionell in Szene gesetzt. Der Gast kommt an, er gehört dazu und ist Teil des Chalets. In diesem Moment ist es sein Haus, sein Zuhause. Und wir Gastgebenden laden ihn ein – in unseren privaten Raum. Das kreiert eine ganz besondere Stimmung, die sehr schön sein wird, aber auch anders – ungewohnt.

Was bedeutet Luxus noch für dich?

Ich finde es eine grosse Herausforderung zu reflektieren, wie ich Ressourcen vernünftig einsetze, im Einklang mit den Ansprüchen der Gäste. Die beheizten Aussenpools sind sicher für die meisten von uns der totale Luxus. Wenn ich sie aber nicht nutze, dann ist das Wasser weg und wird intern neu aufbereitet.

Es geht darum, nicht alles rund um die Uhr einfach anzubieten und die Hälfte wieder wegzuwerfen, sondern darum herauszufinden, was den Gast in diesem Moment so richtig freuen würde. Da kann man fragen, aber häufig muss man auch einfach spüren. Und man muss auch verstehen, dass Wohlbefinden für Menschen sehr unterschiedlich definiert ist: Für den einen ist es am Abend in einem frisch bezogenen Bett einzuschlafen, für den nächsten ist es der Küchenchef, der in der privaten Atmosphäre des Chalets nur für ihn ein köstliches Abendessen kocht. Das nehmen wir an und freuen uns, wenn unsere Gäste glücklich sind.

Zu spüren, was für den Menschen Glückseligkeit bedeutet, das ist eine Kunst. Es ist ein anderer Fokus: weg von der Masse hin zur Individualität.

Bereits jetzt ist Meike oft auf der Baustelle anzutreffen.

Weg von der Masse hin zur Individualität: Ein spannender Ansatz mit grossem Arbeitsaufwand, nicht?

Ja, aber es geht. Ich weiss das. Es war immer mein Traum ein Hotel zu führen, wo die Gäste frühstücken dürfen, wann sie wollen. Im Engadin war das so, hier im BelAorsa Chalet wird es auch so sein. Für mich ist das ganz grosser Luxus.

Während meiner Ferien möchte ich in den Tag hinein leben, mich mit einer dampfenden Tasse Kaffee auf den Balkon setzen, das Bergpanorama geniessen und dann frühstücken. Es gibt z.B. so viele verschiedene Vorstellungen von Frühstück, die wir gar nicht alle abdecken können. Es sei denn: Wir fragen nach.

Vielleicht esse ich jeden Morgen meinen ayurvedischen Frühstücksbrei, der tut mir gut. Dann soll ich den auch im Chalet bekommen. Ich glaube, das ist eine Ebene von Wohlbefinden, die in den meisten Hotels zu wenig berücksichtigt wird. Das ändern wir jetzt, die totale Freiheit, ohne Zeitplan: Lange schlafen, Yoga machen, in Ruhe einen Tee trinken, geniessen und dann frühstücken. Oder um sieben Uhr Spiegelei mit Speck essen und wandern gehen. Oder kein Frühstück. Wir fragen einfach nach. Wie fühlt sich der Gast am wohlsten?

Wo fragt ihr sonst noch nach?

Im Grunde überall. Im BelArosa Chalet ist der Gast bei meinem Team und mir Zuhause, es ist sehr persönlich. Gemeinsam prägen wir diesen Ort und schaffen Erlebnisse. Im Engadin wurde ich oft gefragt: Frau Bambach, was unternehmen sie, wenn sie frei haben? Dann habe ich von der Ziegenalp erzählt. In Arosa wird es gleich sein, bzw. natürlich anders.

Du hast über das Wohlbefinden und den sorgsamen Umgang mit Ressourcen gesprochen. Gibt es weitere Aspekte von Luxus, die für dich wichtig sind?

Die Reduktion. Ich brauche nicht 20 verschiedene Konfitüren. Ich brauche zwei Marmeladen, eine rote und eine gelbe (fürs Auge) selbst gekocht mit Früchten, welche wir idealerweise in Arosa pflücken. Oder einen Schokoladenkuchen, der gerade aus dem Ofen kam. Dann beisse ich rein und empfinde Glück, nicht? Unsere Gäste kennen jede Marmelade der Welt, sie kennen jedoch diejenige aus Arosa nicht. Davon gibt es auch nicht viel, es gibt wenig. Das ist einzigartig. Das ist Luxus.

Ich freue mich sehr darauf, das Wissen und die Erfahrung, die ich in all den Jahren gesammelt habe, einzubringen. Das BelArosa Chalet mit zu formen und zu gestalten.

Es sind noch wenige Monate bis zur Eröffnung. Womit beschäftigst du dich?

Die Aufgaben sind vielseitig: Wir suchen das Shampoo, die Bettwäsche und den Zahnbecher aus. Viele Details, die Gemütlichkeit kreieren. Wir stellen Mitarbeitende ein und entscheiden uns für eine bestimmte Kommunikation. Weihnachten ist ein grosses Thema, wie inszenieren wir das Fest? Ich muss mich in Arosa zurechtfinden, Kontakte knüpfen, alles selbst ausprobieren. Das macht viel Spass.

Hast du eine Vorstellung, wie dein Tag im BelArosa Chalet aussehen wird?

Ich werde den Tag im Chalet begleiten und schauen, dass alles so ist, wie ich, bzw. die Gäste es gerne hätten. Morgens und abends stehen die Gäste im Vordergrund - Meiner Erfahrung nach wird es gegen Mittag meist etwas ruhiger, weil alle ausser Haus sind - dann ist Zeit für den Austausch mit meinen Kollegen und den Schreibtisch. Zu Beginn wird es besonders sein, weil sich alles noch einspielen muss und dann ist ja auch noch Weihnachten –  wir werden tun, schauen und ganz viel machen. Ab der zweiten Januarwoche werde ich dann wohl zum ersten Mal etwas durchatmen, vielleicht mal das Skigebiet erkunden und natürlich die nächsten Wochen und den Sommer vorbereiten – es geht ja immer weiter.

Ich freue mich sehr darauf, das Wissen und die Erfahrung, die ich in all den Jahren gesammelt habe, einzubringen. Das BelArosa Chalet mit zu formen und zu gestalten.

Wenn du für die Zukunft drei Wünsche frei hättest, was wünschst du dir?

Im Grunde habe ich nur den einen Wunsch, dass alles zusammenwächst:
Dass wir gemeinsam einen Ort der Freude, des Glücks und Wohlbefindens schaffen, der natürlich auch wirtschaftlich erfolgreich ist.

Gemeinsam diese Einheit zu kreieren und ich bin ein Teil davon – das würde mich sehr glücklich machen.

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